1773 – 1853
Dies soll den Schwestern meine Grüße schicken,
Die in Gesang des Herzens Blum’ entbunden,
Die mir in Nacht schon war hinweggeschwunden,
Nun fühl’ ich wiederum ihr goldnes Blicken.
Dich hör’ ich Töne so wie
Blumen pflücken,
O Hulda, und es muß das Herz
gesunden,
Mit Glaub’ und Kraft’ ist Una
fest verbunden,
Und Clara blickt und spricht
und singt Entzücken.
Mir haben Glaub’, Entzücken
beigestanden,
Holdseligkeit mit ihrer
stillen Güte,
Stets will ich mich in dies Erinnern
senken:
Nehmt, wie unwürdig auch, von
meinen Händen,
Was ich der Mild’, die gern
verzeihet, biete,
Dies schwache Lied zu meinem
Angedenken.
1773 – 1853
I.
Im Anfang war das Wort. Die ew’gen Tiefen
Entzündeten sich brünstig im Verlangen,
Die Liebe nahm das Wort in Lust gefangen,
Aufschlugen hell die Augen, welche schliefen,
Sehnsücht’ge Angst, das Freudezittern, riefen
Die sel’gen Tränen auf die heilgen Wangen,
Daß alle Kräfte wollustreich erklangen,
Begierig, in sich selbst sich zu vertiefen.
Da brachen sich die Leiden an den Freuden,
Die Wonne suchte sich im stillen Innern,
Das Wort empfand die Engel, welche schufen;
Sie gingen aus, entzückend war ihr Scheiden.
Auf, Gottes Bildnis, des dich zu erinnern
Vernimm, wie meine heil’gen Töne rufen.
II.
Nacht, Furcht, Tod, Stummheit, Qual war eingebrochen,
Ihr Banner wehte auf besiegten Reichen,
Erschrocken flohen vor dem gift’gen Zeichen
Mit stummer Zunge, welche erst gesprochen.
So ist denn ganz das Liebeswort zerbrochen?
Es sucht im Wasserfall, will sich erreichen,
Aus Bäumen strebt es, Quellen, grünen Sträuchen,
In Wogen klagt es: was hab ich verbrochen?
Die Wasser gehn und finden keine Zungen,
Dem Wald, dem Fels ist wohl der Laut gebunden,
Die Angst entzündet sich im Tiere schreiend.
In Menschenstimme ist es ihm gelungen,
Nun hat das ew’ge Wort sich wieder funden,
Klagt, betet, weint, jauchzt laut sich selbst befreiend.
III.
Ich bin ein Engel,
Menschenkind, das wisse,
Mein Flügelpaar klingt in dem
Morgenlichte,
Den grünen Wald erfreut mein
Angesichte,
Das Nachtigallen-Chor gibt
seine Grüße.
Wem ich der Sterblichen die
Lippen küsse,
Dem tönt die Welt ein
göttliches Gedichte,
Wald, Wasser, Feld und Luft
spricht ihm Geschichte,
Im Herzen rinnen
Paradieses-Flüsse.
Die ew’ge Lieb’, die frei und
nie gefangen,
Erscheint ihm im Triumph auf
allen Wogen,
Er nimmt den Tönen ihre dunkle
Hülle,
Da regt sich, schlägt in Jubel
auf die Stille,
Zur spiel’nden Glorie wird der
Himmelsbogen,
Der Trunkne hört, was alle
Engel sangen.
1773 – 1853
Ein Jüngling wandelt durch die Waldesgrüne,
Einsam, verlassen, seufzend und in Tränen;
Was will sein Händeringen doch ersehnen?
Was sagt die trübe, liebe Leidensmiene?
Bald ist’s, als ob ein Engel ihm erschiene,
So spricht mit Vögeln, mit der Luft im Wähnen,
In Zweigen neigen Arme sich zur Sühne.
Da lächelt er in Andacht und in Liebe,
Die Sonne scheint auf ihn mit roten Lichtern,
In Glorien wallt der Tag und küßt ihn scheidend.
Ach, daß der goldne Glanz zugegen bliebe!
Die Nacht steigt auf mit Wolkenangesichtern,
Das Dunkel faßt ihn und er spricht süß leidend:
Erquicklich war und nicht umsonst mein Wallen,
Maria, Mutter, Sohn und ewge Liebe,
Ich kann in Tönen sagen, wie ich liebe,
In schönen Weisen soll mein Preisen schallen.
Bist, Jesus, du vergessen denn von allen?
Mein Herz, mein Schmerz treibt mich zu deiner Liebe,
Die Mutter, Sohn, weiß wohl, wie ich dich liebe,
Laß dir gefallen denn mein kindlich Lallen.
O sende du aus deinem lichten Himmel
Die kindlichsten der Englein zu mir nieder,
Mein Herz ist offen, tu es, Gott, mein Vater!
Wir zünden an das rauschende Getümmel,
Ich sterbe gern am Schluß der süßen Lieder,
Denn viel’ entzückt nach mir mein Stabat mater
1773 – 1853
In inn’ger Lieb’ war ich mit diesem Kinde,
Und ihm gelang, in süßen Himmels-Weisen
Die Mutter Gottes wunderhold zu preisen,
Und aller Herzen rührt sein Geist gelinde.
Da lösten sie in Wehmut ihre Sünde,
Es beteten die Toren wie die Weisen,
Der Engel fuhr herab in Tränen, leisen
Flügelgetöns, daß er ihr Heil verkünde.
Da fiel den Bösen Zagen an und Beben,
Er sprach: der süße Pfeil hat all’ getroffen,
Mein Reich versinkt, den Menschen nur zum Spotte!
Er stürmt ihn an, des Jünglings Herz war offen
In Andacht, reißt die Blätter ab vom Leben,
Und aus dem Kelch entblüht der Geist zu Gotte.
1773 – 1853
Una Wer glaubend immer stirbt im stillen Leben,
Der hat die höchste Krone sich errungen.
Clara Der wird von Angst und Zweifeln nie bezwungen,
Ewig
Entzücken ist ihm mitgegeben.
Hulda Er wird nur nach dem höchsten Gute streben,
Und wie ihn Mißlaut, Furcht
und Zweifel drungen,
In süßester Musik er selbst
erklungen
Zur
Höhe scheidend, in Wohllaut verbeben.
Una So fasse Geist die hohen Melodien.
Clara Zerschmilz, o Herz, und laß die Tränen fließen.
Hulda Dann läutert Sehnsucht, Schmerz sich durch die Töne.
Una Schon fühl’ ich Glauben, Lieb’ in Eins erglühen.
Clara Ihr Wunden, sollt mir alle Freuden büßen.
Hulda So blüht empor das schönste ew’ge Schöne.
1773 – 1853
Wann du erhebst den lichten
Ton zum Singen,
Una den tiefen goldnen Klang
drein gießet,
Von Clara’s Zaubermund ein
Feuer fließet,
Seh ich die Himmelsgeister
lieblich ringen.
Bald wollen die Gespielen dich
bezwingen,
Von deiner Süße wird ihr Zorn
versüßet,
Doch wie der lichte Ton wie
Morgen grüßet,
Muß ihn das klingende Meer in
Wellen schlingen.
Bald schwimmt er oben wieder
wie die Blume,
Die Wogen kämpfen, und er wird
ein Strahlen,
Er zuckt wie Liebesblitze in
den Wellen,
Krystalle leuchten freundlich,
in den hellen
Spiegeln muß sich dein
herrlich Bildnis malen,
Maria steht gekrönt im
Heiligtume.
1773 – 1853
Betret’ ich nun des Gartens
grüne Gänge?
Wie frisch und lieblich dort
die tiefen Gründe!
Die Einsamkeit holdselig und
gelinde,
Wie Chorgesang rauscht hier
das Baumgedränge.
Was find’ ich an dem blühenden
Gehänge?
Wie! Tränen an so manchem bunten
Kinde?
Was seufzen denn so bang die
Abendwinde?
Wo tönen her so zauberhaft
Gesänge?
Sind wohl so spät in Wand’rung
noch die Bienen?
Schlummern hier Lieder
aufgeweckt von Sternen?
Des Waldes Geister, in der
Bäume Kronen? –
Gesangs-Göttinnen, die den Hain
bewohnen,
Sind jetzt, herdenkend, weit
in andern Fernen,
Drum klagt so Wind, wie
Staud’, und Baum im Grünen.
Tal, Wald muß ihnen dienen,
Sie sind Gesang, und welchen
Baum sie denken,
Der muß süßklingend seine
Zweige senken.
1773 – 1853
Ich
will zu meinem hohen Thron aufsteigen:
Morgenrot,
Diener, leg’ die güldnen Decken,
Zum
Fußtritt durch die lichtazurnen Strecken,
Ruf
durch den weiten Raum ein heil’ges Schweigen:
Schön
will ich mich den Untertanen zeigen,
Wald,
Berg, Tal, Fluß mit meinem Glanz bedecken,
Das
Luftgefieder schnell zum Gruß erwecken,
Der
Pracht soll Niedres sich und Hohes neigen.
Die
Vögel singen, Wasser rauschen, hallen
Gebirg’
und Wald, mein Auge dringt zum Dunkeln;
Geblendet,
trunken, kommt mir Dank von allen:
Ein
kühler Tau soll ihre Inbrunst lindern;
Wie
Wald, Strom, Tal und Berg von Pracht erfunkeln,
Blüht
doch mein Bild nur in den Blumenkindern!
O
Wald, was sagst du? welch ein süßes Blicken
Von
Blumen will mein Leben in sich ziehen?
Wasser,
steht still, mich dünkt, es will entfliehen
Ein
Wort in eurem Strom, mich zu beglücken.
Sonne,
du willst mir Licht hernieder schicken,
Die
Farben, die im Grün erlöschend nur kann glühen, -
Wozu
Gesang, Strom, Licht und Blumenpflücken?
Wie
tiefe Nächte dehnt es sich im Innern,
Wie
Morgenrot will es die Nacht verschlingen,
Wie
milder Abend fließen müde Scheine.
Uneinig
trennt sich Alles im Vereine:
Wie
alle Kräfte zur Besinnung ringen,
Kann
ich nicht, was ich bin, mich selbst erinnern.
Vernehm’
ich nicht die allgewalt’gen Schwingen,
Die
der Natur erhabner Geist bewegt,
Und
wie er Berg, Wald, Luft und Ströme schlägt,
Die
Harf’ im dunkeln Heiligtum erklingen?
Aus
Wollustdämmrung will ein Bild sich ringen,
Das in
der tiefsten Brust mein Geist gehegt,
Und
wie es Haupt und Glieder wachsend regt,
Muß es
in Schmerz und Lust zum Tag’ hindringen.
Die Jungfrau tritt aus dem
Walde
Sie
nah’t, von der die Blumen mir gesprochen,
In der
des Lichtes Lieblichkeit erglänzt,
Aus
deren Aug’ ein selig Dunkel blickt:
Nun
ist mein Herz als Frühling aufgebrochen,
Und
jeder Sinn ist dicht mit Wonn’ umkränzt,
mein
bist du, Himmel! denn ich bin entzückt.
1773 – 1853
Wie
sehnsuchtsvoll fühlt sich mein Herz gezogen,
Dem
frischen grünen Walde zugelenket,
Von
Bächen wird das neue Gras getränket,
Die
Blumen schauen sich in klaren Wogen.
Ein
blau Krystall erscheint der Himmelsbogen,
Zur
blühenden Erde liebend hergesenket,
Die Sonne
zeigt, daß sie der Welt gedenketm,
Sie
hat die Blumen küssend aufgesogen.
Die
Pflanzen glänzen, Wasserwogen lachen,
Die
muntern Tiere regen sich in Sprüngen,
Der
Vogel singt, vom grünen Zweig umrauschet.
Wenn
Tiere, Wasser, Blumen, Flur’ erwachen,
Läßt
höher noch der Mensch die Stimm’ erklingen,
Der
Dichter fühlt von Gottheit sich berauschet.
1773 – 1853
Wir
hatten Freiheit, Vaterland verloren,
Dahin
der deutsche Sinn, die höchsten Rechte,
Dem
fremden Wahn gehorchten Fürsten, Knechte,
Die
Bessern schalt der Lug Verräter, Toren:
Da
ward aus Nacht ein schöner Tag geboren,
Der
Himmel sprach zum zagenden Geschlechte,
Er
selber kämpft in jeglichem Gefechte,
Des
Heilgen Sieg hat Schar für Schar beschworen.
Nur in
Gebeten kämpfen schwache Frauen
Zu
Seiten ihrer tapfern Brüderschaaren,
Sie
nach dem Sieg mit Eichengrün zu kränzen.
Wohl
sind Gestirne, die ermunternd glänzen,
Die
deutschen Mädchen, die dem Schönen, Wahren,
Die
unserm Heil so groß, wie du, vertrauen.
1773 – 1853 zu
seiner Übersetzung des Calderon
Wie
sich der Schiffer freut in fernen Zonen,
Wenn
über Ceylons Grün die Düfte grüßen,
Die
Wunder-Melodien das Ohr ihm küssen,
Dort,
wo die Weisheit und die Märchen wohnen:
So
prangte, blumgeschmückt, in Demantkronen,
Geringelt
Goldhaar bis zu lichten Füßen
Weisheit
und Märchen, Zauber spielte süßen
Gesang
und Duft, al wir ihn, Calderonen,
Zuerst
entzückt in seiner Glorie schauten. –
Gegrüßt,
ihr Schifferhelden! die so fernen
Gestaden
zugeeilt, den deutschen Zungen
Liebreiz
zu fahn, des Wohllauts ihr Vertrauten!
Der
dritte Freund kehrt heim mit günst’gen Sternen,
Heil!
jauchzt ihm zu, dem so die Fahrt gelungen.
1773 – 1853
Sehn
wir hinauf zu hoher Vorzeit Tagen,
Und
scheint uns an der Blick von edlen Geistern,
So
zittern wir in Ohnmacht vor den Meistern,
Und
unser kühnster Wille wird Verzagen.
Wer
will auch Kampf mit Götterliebling wagen?
Der
Hohn der Welt folgt also frechem Traume,
Den, der
des Wahns nur naht dem Kleidessaume,
Hat
schon der Name Rafael geschlagen. –
Doch
jeder darf nach Lieb’ und Wahrheit fragen,
Noch
immer treibt das Licht die Blumenfelder,
Noch
tönt das heil’ge Meer, rauschen die Wälder
Wie
Lyraklang und alte Wundersagen.
So
lange wiederkehrt des Frühlings Glänzen,
Geh,
Schüler, hoffend aus nach Blumenkränzen.
1773 – 1853
Wie
wann des Äthers Stürme hochher dringen,
Und
durch Gebirge Geisterstimmen hallen,
Der
Wolken Dunstgestalten fliehn und wallen,
Und
Bäum’ und Wald harmonisch dann erklingen:
So
Leid und Schmerz, wie sie gestaltlos ringen,
Die
Klagen ungestüm und wild erschallen, -
Ertönen
sie in meinen Feierhallen,
Erhebt
sich Angst und Not auf Geisterschwingen.
Mein
Wort erklingt, und Götter steigen nieder,
Der
Tod zerbricht, besiegt nicht Heldenherzen,
Verzweiflung
flieht, die Angst erlischt, und stiller
Und
göttlicher der Klagelaut der Lieder
Zum
Leben Tod verklärt, zur Lust die Schmerzen, -
So
rauscht dein hoher Heldensang, mein Schiller.
Erato
Ein
süßes Tonnetz wird von mir gewoben,
Ein
Teppich, schön von hell und dunkeln Farben;
Da
zucken Licht und Blitz in sprüh’nden Garben,
Und
Lust und Klang erfunkelt unten, oben.
Wie
auch die Donner, Wasserfälle toben,
Wie
Zorn und Schmerz in Schrei und Seufzern starben,
Die
Grazien sind es, die die Töne warben,
So
ward das Wundernetz empor gehoben.
Wie
edle große Namen glänzen golden
Im
deutschen Lied: die zarten Sinne lauschen,
Wenn Mozart,
Gluck, der hohen Kunst Beleber,
Einhergehn
in dem Waffenschmuck des holden
Gesangs!
auch ihn verkündet heilig Rauschen,
Der
mir ein Goldnetz wob, Maria Weber.
1773 – 1853
Ihr
hohen Bäume, heil’ge dunkle Gänge,
Wie
blickt ihr ernst und groß auf mich darnieder,
Das
singt Sirene wieder ihre Lieder,
Die
Nachtigall läßt schallen die Gesänge.
Wie
dringen durch mein Herz die süßen Klänge!
Da
fühl’ ich nun die Feuerflammen wieder,
Ich
kann mich nicht erwehren, daß die Hyder
Nicht
hin zu meinen Eingeweiden dränge.
Mich
lockt der Klang, doch seh ich die Gebeine
Am
nackten Felsenufer weiß erschimmern,
Die
vor mir ihr Verderben liebend fanden.
So
wank’ ich fort im goldnen Mondenscheine,
Indes die
Sterne freundlich oben flimmern,
Will
ich auch gern an diesem Felsen stranden.
1773 – 1853
Wenn
vor dem Schlaf in tiefer Nacht zum Beten
Mein
Herz inbrünstig kehrt, ein heiliges Weinen
Sich
sehnet nach den stillen Todesstätten,
Nahn
Engel, die mit mildem Licht erscheinen.
Wie
ich den Blick versteh, muß vor mich treten
Dein
holdes Bild, dein süßes Blicken, meinen
Tränen
du lächelst, mir ist als umwehten
Mich
Himmelsdüft’ in Paradieseshainen.
Schlummernd
streck’ ich die Händ in schöner Trauer,
Im
Herzen bist du, quillst aus allen Tränen,
Nun
wollen Arme dich und Busen fassen;
Du
weichst mit stillem Wink wie Nebelschauer:
Stets
blieb des Lebens Schönstes mir ein Wähnen,
Es zog
hinweg, hat einsam mich gelassen.
O
schönster Zweig von allen grünen Zweigen!
Du
Myrtenreis, wie ich dich vor mir sehe,
Flieht
vor dem stillen Grün mein Leid und Wehe,
Und
Wonneschau’r in meine Seele steigen.
Mein
bist du jetzt; als du noch dorten eigen
Der
reinsten Brust, war mir der Fittig wehn
Des
Lenzes schon, es schwebt in deiner Nähe
Ein
Herz, es will ein Kreuz sich dunkel zeigen.
Wie
schlang das kleine Herz sich an die Myrte,
Als
wollten sie liebkosen sich in Küssen,
Als
wenn ein Täubchen um ein Blümlein girrte;
Ach,
Kreuz, gedrückt von dir wurden zerrissen
Die
zarten Blätter: jetzges, künftges Weinen,
Mein
Glück, mein Leid sah’ ich mir so erscheinen.
Andacht,
ein ewges, innges Angedenken,
Anfang
ist es vom lieblichsten Empfinden,
Aufschweben
zu sich, um sich selbst zu finden,
Allmächtiges
Streben sich in sich zu senken.
Liebe
muß aus dem luftgen Duft sich lenken,
Leben
recht lind in Liebe ganz verschwinden,
Lichtheilig
sich der Leib dem Geist verbinden,
Leid
naht, lebendge Herzen uns zu schenken.
Minne,
so sangen, die das Höchste meinen,
Mild’
innig Sinnen, Lust an Schmerz und Wunde,
Myrt’
und Zypress’ und Rosen sah’ ich scheinen,
Anfang
und End’ im süßgeschmückten Bunde,
Der
reinsten Anmut Licht, der Minne Allmacht,
Aussprechen
konnt’ ich nun den Namen Alma.
„Dich
lieb’ ich stets“, sang deine süße Stimme,
Und
mit dem Wort gabst du ein lieblich Blicken,
Das
fiel in’s durstge Herz, labend Erquicken,
Als
wenn im Dunkel Morgenröte glimme.
Ja
dich nur lieb’ ich stets, auch wenn im Grimme
Mir Leid,
Weh, Not das Leben noch will schicken,
Die
Worte sing’ ich laut noch mit Entzücken
Wenn
ich den dunkeln Fluß hinunter schwimme.
So
tönte Orpheus Laute in den Wogen
Und
widerklang das tiefe Bett des Flusses,
Die
Ufer sangen nach die herben Schmerzen.
Wenn
schon der Tod gespannt den finstern Bogen,
Denk’
ich des Blicks, des Klangs, des süßen Kusses,
Und
singe leis’: Du blühst mir noch im Herzen.
Tränen,
ihr lichtbeschwingten Wunderkinder,
Ihr
heilgen Boten, die aus dunkeln Schachten,
Zu
denen keine Strahlen Zeugnis brachten,
Durch
unerforschte Wege mit gelinder
Gewalt
hinbrechen: wann das Herz in blinder
Verhüllung
klagte, Sinnen nicht mehr dachten,
Und
Glaub’ und Hoffnung nur als Traum verlachten,
Das
Leben starb, und Lieb und Andacht minder
Schon
leuchten, fast erlischt der letzte Schimmer:
Dann
blickt aus ferner Wüst’ ein alt Erinnern,
Und
selge Rührung winkt, ein schmelzend Sehnen
Wächst
nah und näher: plötzlich durch die Trümmer
Bricht
wie ein Blitz durch jede Kraft des Innern
Der Liebesgruß
und glänzt in Sieger-Tränen.
1773 – 1853
So war
es denn verhängt, daß immer Freuden
Nur
sollten mit den Leiden wechselnd kommen,
Das
Gute mit dem Bösen stets verschwommen,
Und
Freud’ und Leid keins dauerte von beiden.
Du
mußtest, ach! o Vielgeliebter, scheiden,
Als
ich von allem Leiden ward entnommen,
Als
endlich Trauer Abschied nun genommen,
Da
mußte Liebe sich in Trauer kleiden.
Was
ich so lang begehrt, ward nun erfüllet,
Die
Liebste mir auf immerdar verbunden,
Gestillt,
erfüllt mein lang inbrünstges Sehnen.
So sei
denn nun, Verhängnis auch gestillet,
Laß
mich nicht Wonne zahlen mehr mit Wunden,
Nur
harre Glück, sei mehr als eitles Wähnen!
Kommt
Freunde denn, es soll die Fahrt beginnen,
Die Segel
schwellen und das Meer ist eben,
Seid
unbesorgt, wenn unten Wolken schweben,
Der
Nebel muß im Sonnenschein zerrinnen.
Das
Land fliegt fort, nach kurzer Frist gewinnen
Wir
Heimat, neue Freunde, muntres Streben
Muß
gegenseitig uns im Sturm beleben,
Wer
einmal auf der Flut, kann nicht von hinnen.
Vertraut
euch selbst, vertraut dem edlen Mute,
Schon
singen fremde Vögel: seid willkommen!
Schon
grüßen uns süßtönende Gesänge.
Es
jauchzt die Woge unter uns, sie flute
Empor!
So ist Columbus hingeschwommen
Fand
Land und stand voll Mut im Flut-Gedränge.
Der
Irrtum sinket unter mit den Jahren,
Manch
Mißverständnis sah ich schon zerfließen,
Die
Wahrheit will mich nah und näher grüßen;
O
möchte sie mich immerdar bewahren!
Es
wimmeln um uns in verworrnen Scharen
Des
Lebens Klänge, was uns mag verdrießen
Soll
innere Musik uns hold versüßen;
O
möcht’ ich stets des Wohllauts Kraft erfahren!
Noch
will mir nicht die Melodie genügen,
Es ist
als fehlen mir noch Harmonien
Auf’s
innigste das Leben zu versöhnen;
ich ahnde
was den Mißklang wird besiegen,
Das
ist es, wonach alle Wünsche ziehen,
Dem
Tode zu des tiefe ewge Sehnen.
1773 – 1853
Dem
Pflanzen, Baum und Strauch willig entsprießen,
Aus
öder Wildnis ein befreundet Leben,
Anmutige
Einsamkeiten grün sich heben,
Dankbar
sein stilles Leben zu versüßen;
Wem
von der Lippe hold melodisch fließen
Der
Vorzeit Lieder, die sich gern ergeben
den
neuen Tönen neu sich zu beleben:
Ihn
sollen diese deutschen Lieder grüßen.
Gütig
empfängt, was von den schönen Fluren,
Wald,
Blumen, Freude, Frühling, edler Minne
Die
edlen Dichter deutscher Zeit verkündet,
Der
selbst erkennt die Schöne der Naturen,
Und
was Dichtkunst mit lieblich ernstem Sinne
Ausspricht,
in eigenem Gemüthe findet.
1773 – 1853
Gram
Schmerzen Arbeit füllen unser Leben
Wie
unser Sein aus gleichem Keim entsprossen
Ward
gleiches Weh’ durch unser Herz ergossen
In
Klag in Lieb’ im herbem Leid zu beben
Ein
himmlisch Bild sahn wir herniederschweben
Ein
glänzend Tor ward rauschend aufgeschlossen
Und
eine Blum’ im Paradiese entsprossen
In
unsre Händ’ als Kinder schon gegeben
Vom
Himmelsduft ward unsre Seele trunken
Und
blieb fortan vom holden wahn bemeistert
Wie streng
uns oft gemeiner Sinn auch tadelt
Da
Poesie der Kinder Herz geadelt
So
leb’ in uns die uns so früh begeistert
Bis
unser Sein in stiller Nacht versunken
1773 – 1853
Wie
blauer Himmel glänzt auf Tales Grüne!
Ein
heller Strom fleußt lieblich auf und nieder,
Vom
Berg und Wald verdeckt, erscheint er wieder,
Und
spiegelt klar der Landschaft bunte Bühne.
Wer
ist die Blonde dort mit sitt’ger Miene?
Wie
tönen süß die Leid- und Liebes-Lieder!
Mit
ihren Herden nah’n die Hirtenbrüder,
Und
jeder zeigt, wie er der Holden diene.
O Lust
und Klang! o linde Ätherlüfte!
Im
zarten Sinn sinnreich bescheidner Liebe
So
Himmlisches, doch Kindlichem Verwandtes!
Fremd
wären uns die feinsten Blumendüfte,
Wenn
Galatea nicht sie uns beschriebe,
Die
göttliche des göttlichsten Cervantes.
1773 – 1853
„Du
willst es, mein Gemahl, ich soll nun sterben,
Ein
schlimmer Argwohn hat dein Herz umzogen,
Doch
hat ein böser Mann dich arg betrogen,
Mit
mir zugleich erwürgst du deinen Erben.
Ich
seh’ vor meinem Blick den Tod, den herben,
Ich
lüge nicht und habe nie gelogen,
Du
liebst mich nicht, doch bin ich dir gewogen,
Lüg’
ich, so straf’ mich ewiges Verderben.
Ich
will mit diesen Zeilen Abschied nehmen,
Schwer
sündigst du, doch will ich dir vergeben,
Glaub’
mir, daß ich dich immer herzlich liebte.
Verlassen,
wirst du bald nach mir dich grämen
Und
fühlen, daß ich dir verlor mein Leben,
Weil
ich dir treu nie keine Unthat übte.
Genoveva.“